Scheue Geschöpfe

Kurze Begegnungen

Als Kinder haben wir uns gefreut, wenn wir bei einer Wanderung auf einmal auf einer Lichtung Rehe gesehen haben. Meistens waren sie weit weg und schnell verschwunden. Die meisten Rehe habe ich wohl im Vorbeifahren aus dem Auto gesehen.

Ein Foto von einem Reh, da braucht man Geduld, muss ganz leise sein, unbemerkt bleiben oder mit einem Teleobjektiv weit genug weg.

Beim Spaziergang im Wald steht es auf einmal vor mir, am Radweg an der Innersten in Hildesheim auf der anderen Flussseite äst es an den Bahngleisen. Eine schnelle Bewegung, ein zu lautes Geräusch, schon verschwindet es wieder im Gebüsch, schneller und geschickter, als ich folgen könnte.

Rehe sind scheu und vorsichtig, friedliche, leise Geschöpfe. Sie gehören zu den Gejagten - von anderen wilden Tieren und von Jägern. In einer Welt, in der wir die Natur neu entdecken, freuen wir uns über dieses wilde Tier, es macht uns keine Angst. Sein Instinkt allerdings trügt es nicht. Wir sind eine Gefahr für diese Tiere, leider.

Du schlankes Reh
Du schlankes Reh, das du die Menschen fliehst,
bewegte dich dein Herz, wenn du mich siehst,
mich nicht zu fliehen, meinem Blick zu traun,
wie Deinesgleichen mir ins Aug zu schaun!

Ich weiß mich frei von jeder Mordbegier,
ich jage mich, mein Bruder, nicht in dir.
Du glaubst mir nicht? Ich bin dir nur ein Mann,
ein Mensch .. Ach, Reh, was geht der Mensch mich an.
Christian Morgenstern