Geweihte Kerze oder Blitzableiter?

Diskussion über Volksfrömmigkeit schließt die Ausstellung historischer Tragefiguren ab

 

 

 

 

 

Eine engagierte Debatte darüber, ob Traditionen der Volksfrömmigkeit noch lebendig sind und ob man mit ihnen Menschen ansprechen könne, die nicht glauben, bildete den Abschluss der Ausstellung historischer Tragefiguren im Kloster Ottbergen.

Nach einer kurzen Einführung, in der Pastoralreferentin Waltrud Kilian Karl Rahner zitierte, der sich statt einer verschlossenen folkloristisch sich betätigenden eine offene demokratische Kirche wünschte, eröffnete Moderator Edmund Deppe die Diskussion auf dem Podium.

Pastor Henze zählte die Bräuche auf die in seiner Adlumer Gemeinde lebendig und Teil des Dorflebens seien. Von den Sternsingern über das Osterfeuer bis zum Kräuter-Weihbund entstand ein buntes Bild vor dem inneren Auge des Publikums.

Auch der evangelische Pastor Johannes Achilles entdeckt in seiner Kirche manche volkstümlichen Bräuche. Luther, so Achilles, habe zum Beispiel auch nicht die Feldprozessionen selbst, sondern nur die ausufernden Feiern und Ausschreitungen, die häufig Begleiterscheinungen waren, angeprangert. Damit werde eher Gottes Zorn geweckt, als sein Wohlgefallen und dann sei es besser zu Hause zu bleiben, so zitiert Achilles den Reformator.

Auf die Frage aus dem Publikum, wie denn die neu aufkommende Kultur des Gräberschmucks zum Beispiel mit Engelchen einzuordnen sei, antwortet Dr. Monika Tontsch, dies seien neben den gemeinschaftlichen Formen der Volksfrömmigkeit individuelle Ausdrucksformen der Frömmigkeit, die vielleicht entstehen, weil der Glaube in den Familien nicht weitergegeben wurde.

Regens Dr. Marahrens warb dafür, von einem sehr vergeistigten Glauben wieder hinzukommen zu Formen, die die Sinne ansprechen.  Da sei viel Kreativität nötig. Aber es gebe auch schon heute Beispiele, wie Taizégebete und die Eichsfelder Wallfahrt nach Vierzehnheiligen, die auch junge Menschen ansprächen.

Auf die Frage, ob es denn in der Volksfrömmigkeit eine Grenze zum Aberglauben gebe, vermutete Pastor Henze, dass heute wohl niemand mehr daran glaube, dass durch das Anzünden einer geweihten Kerze bei Gewitter der Blitz abgeleitet werde. Aber durch diese Riten werde der Mensch an seine Grenzen erinnert und äußere damit sein Vertrauen zu Gott.

In dieses Gottvertrauen stellten sich am Ende alle, nachdem Dechant Harald Volkwein allen Beteiligten, die zum Gelingen der Ausstellung beigetragen hatten, gedankt hatte und zusammen mit Pastor Achilles den Segen sprach.